Handlungsbedarf in den Zukunftsfeldern
Die Studie TechCheck 2019. Erfolgsfaktor Mensch. identifiziert auf allen Zukunftsfeldern Handlungsbedarf, um die Wettbewerbsfähigkeit für die Zukunft zu sichern. Besonders vordringlich ist der Handlungsbedarf in den folgenden Zukunftsfeldern.
IKT und Digitalisierung
Obwohl das Zukunftsfeld das Potenzial hat, andere Zukunftsfelder künftig revolutionär zu beeinflussen, sind Deutschland und Bayern in einigen Bereichen des Zukunftsfelds relativ schlecht aufgestellt. Zentrale Entwicklungen im Zukunftsfeld IKT und Digitalisierung finden im Ausland statt, etwa in den Bereichen KI, Plattformunternehmen im B2C-Bereich und generell bei internetbasierten Anwendungen. Im internationalen Vergleich ist die effektive Steuerbelastung digitaler Geschäftsmodelle in Deutschland relativ hoch und die Forschung bleibt hinter anderen Ländern zurück. Handlungsbedarf kann auch bei Datenschutz- und Sicherheitsfragen sowie der digitalen Infrastruktur und dem wenig entwickelten Risikokapitalmarkt verortet werden. Zudem sind die digitalen Kompetenzen in Deutschland ausbaufähig, etwa wenn es um die Fähigkeit geht, in der digitalen Welt selbstbestimmt und unabhängig zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Infolge der breiten Verwendung digitaler Technologien und Anwendungen bremsen die mangelnden Rahmenbedingungen nicht nur die Entwicklungen im Zukunftsfeld IKT und Digitalisierung, sondern auch in allen anderen Zukunftsfeldern.
Intelligente Verkehrssysteme (IVS) und zukünftige Mobilität
Neben der mangelnden digitalen und teilweise physischen Infrastruktur wirken auch Regulierung sowie eine unsichere Rechtslage (u. a. ungeklärte Fragen der Datennutzung) als Hemmnisse. Zudem bestehen in einigen Bereichen (zumindest vordergründig) Akzeptanzprobleme, etwa bei automatisierten Fahrzeugen. Beim Einsatz von Verkehrsmanagementsystemen spielen zumeist weniger funktionaltechnische Aspekte, sondern vielmehr die mangelnde Interoperabilität und Durchgängigkeit des IVS-Dienstangebots eine Rolle. Ferner kann in multimodalen Verkehrssystemen ein Zielkonflikt zwischen gesellschaftlich optimaler und individuell bevorzugter Nutzung von Transportmitteln entstehen.
Energie(system)technologien
Deutschland hatte in der Vergangenheit erhebliche Erfolge zu verzeichnen – insbesondere durch die erfolgreiche Entwicklung von Technologien im Bereich erneuerbare Energien bis zur Marktreife sowie ihren Einbau ins Stromsystem. Jedoch bestehen in Deutschland in einigen Bereichen Rückstände, die mit erheblichen Entwicklungsnotwendigkeiten einhergehen, etwa bei Stromspeichern, der Einführung von erneuerbaren („grünen“) Wasserstofftechnologien, einigen PtX-Technologien, der Aufrechterhaltung der europäischen Marktführerschaft bei Hochspannungs-Übertragungstechniken und insbesondere bei Modellen für die Organisation, Steuerung und Regelung des dezentral vernetzten Energiesystems. Zudem fehlt eine hinreichend wirksame Regulierung, die mit den Klimaschutzzielen korrespondiert und die breite und schnelle Umsetzung vor allem von Effizienzmaßnahmen, aber auch Systemveränderungen im Wärme-, Verkehrs und Industriesektor effektiv und mit fairer Verteilung von Kosten, Lasten und Vorteilen auf die Akteure anstößt und organisiert. Der Ausbau erneuerbarer Energien wird in der Gesellschaft zwar als generell notwendig anerkannt, konkrete Projekte (z. B. Windparks, Netzausbau insbesondere auf der Übertragungsnetzebene) stoßen aber immer wieder auf erhebliche Widerstände in den betroffenen Regionen (NIMBY-Verhalten). Wie bei anderen große Infrastrukturprojekten mangelt es hier oftmals an vertrauens- und akzeptanzbildenden Maßnahmen sowie an frühzeitiger professioneller Kommunikation bei der Organisation der Prozesse.
Nanotechnologie
Zahlreiche potenzielle Anwendungen sind noch nicht marktreif. Zudem hemmen hochsensible und teure Verfahren sowie die bisher unzureichende Überführung nanotechnologischer Produkte und Verfahren in den großtechnischen Maßstab bislang eine verbreitete Anwendung. In einigen Bereichen spielen auch Akzeptanzprobleme eine Rolle (z. B. bei nanotechnologischen Anwendungen in Medizinprodukten und Lebensmitteln). Trotz hoher staatlicher und privater Investitionen hierzulande stehen global die USA und neuerdings auch China an der Spitze dieses Forschungsfelds und setzen Themenschwerpunkte bei der Forschung. In Deutschland wird hingegen regelmäßig mehr über Gefahren und Risiken als über Chancen und Potenziale der Nanotechnologien nachgedacht.
Industrielle Produktionstechnologien
Der Bereich ist eng verknüpft mit dem Zukunftsfeld IKT und Digitalisierung und dem dortigen Handlungsbedarf. Beispielsweise gewinnen mit der intelligenten Vernetzung und Digitalisierung der industriellen Produktion Datenschutz- und Sicherheitsfragen sowie die digitale Infrastruktur zunehmend an Relevanz. Auch Standardsetzung und Normung sind in diesem Bereich noch nicht abgeschlossen. Fehlen diese, sind oftmals keine Zertifizierungen möglich und beispielsweise additiv gefertigte Produkte in bestimmten Bereichen nur beschränkt einsetzbar (z. B. Luft- und Raumfahrttechnik, Medizintechnik). Auch bei neuen Produktionsmethoden (v. a. Roboter) wird in Deutschland oftmals mehr über Haftung und Risiken diskutiert als über die neuen Möglichkeiten. Bei vielen Deutschen besteht ein Unbehagen gegenüber dem Einsatz von Robotern (v. a. aufgrund der Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen). Dem gilt es durch entsprechende Maßnahmen frühzeitig zu begegnen, etwa durch Partizipationsmöglichkeiten in Unternehmen oder durch Schulungen. Das gilt umso mehr, als sich derzeit ein Paradigmenwechsel in der Industrierobotik von den klassischen Industrierobotern hin zu Roboterassistenten vollzieht. Dabei handelt es sich um den ersten realen Brückenschlag zwischen KI und physischer Welt, den Bayern zudem von der Spitze aus gestalten kann.
Biotechnologie
Die Potenziale sind in Deutschland nur schwer realisierbar. Daher verliert Deutschland bereits seit mehreren Jahren den Anschluss an die internationale Spitze in diesem Zukunftsfeld (insbesondere im Vergleich zu den USA). Insgesamt ist das Zukunftsfeld sehr forschungsintensiv und mit zeit- und kostenintensiven Untersuchungs-, Test- und Genehmigungsverfahren verknüpft. Für die langen Entwicklungszyklen stehen KMUs in Deutschland oftmals keine ausreichenden Finanzmittel zur Verfügung – insbesondere bei der roten Biotechnologie. Im Gegensatz zur roten hat die grüne Biotechnologie erhebliche Akzeptanzprobleme. So fehlt in Deutschland bei gentechnisch veränderten Nutzpflanzen gänzlich der Markt, denn ihr Anbau ist bundesweit praktisch verboten – global ist die ökonomische Bedeutung und Forschung jedoch beträchtlich. Bei der weißen Biotechnologie gibt es teilweise ebenfalls Vorbehalte in der Bevölkerung, etwa hinsichtlich der Nutzung von Biomasse als Ausgangsmaterial für Produkte wie Biokraftstoffe oder Bioplastiken. Zudem ist die Skalierbarkeit vieler Verfahren und Produkte der industriellen Biotechnologie schwierig; nicht zuletzt aufgrund der geringen Robustheit biotechnologischer Prozesse.
Gesundheitswesen und Medizintechnologien
Die institutionellen Rahmenbedingungen unterscheiden sich aufgrund der engen Verzahnung mit dem staatlichen Gesundheitssystem deutlich von denen anderer Zukunftsfelder. Angesichts langer, risikoreicher Entwicklungszyklen sowie strenger Regulierungen (u. a. Dokumentationspflichten, Zulassungsverfahren) ist die Entwicklung neuer Technologien, Produkte und Geschäftsmodelle sehr kostenintensiv und Innovationen diffundieren nur langsam. In Deutschland beeinflussen zudem die (gesetzlichen) Krankenkassen über ihre Entscheidung der Erstattungsfähigkeit neuer Medizinprodukte indirekt die Finanzierung und Diffusion. Die Digitalisierung eröffnet zwar erhebliche Potenziale für das Zukunftsfeld (z. B. durch die Nutzung von Big Data), in Deutschland ist der Rechtsrahmen für die Nutzung von IKT im Gesundheitswesen aber noch unvollständig. Wichtige Entwicklungen finden daher vorrangig im Ausland statt.
Luft- und Raumfahrttechnologien
Strenge Regularien hinsichtlich Sicherheit und Zuverlässigkeit, hohe technische und finanzielle Entwicklungsrisiken sowie lange Produktzyklen sorgen dafür, dass sich Luft- und Raumfahrttechniken zumeist nur schrittweise weiterentwickeln und Neuerungen erst mit zeitlicher Verzögerung übernommen werden. Es treten zunehmend neue (private und staatliche) Akteure auf den Markt, die etablierte Anbieter in Deutschland preislich und technologisch unter Druck setzen.
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Publikationen
TechCheck 2019. Erfolgsfaktor Mensch.
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Gesundheit und Medizin
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Neue Wertschöpfung durch Digitalisierung
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Big Data
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Schlüsseltechnologien
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