Bei der Entwicklung an den Schnittstellen von etablierten Technologiefeldern müssen neue Akteure systematisch in Innovationsprozesse einbezogen werden.
Bayern ist als exportstarkes Land bereits heute stark globalisiert. Jedes zweite bayerische Unternehmen ist direkt oder indirekt in internationale Wertschöpfungsketten eingebunden. Viele arbeiten auch im Bereich F+E mit internationalen Partnern zusammen. Deshalb dürfen Förderprojekte nicht an der Landesgrenze enden, vielmehr ist auch bei der Förderpolitik eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit erforderlich. Weiterhin ist die Internationalisierung regionaler Innovationscluster anzustreben.
Bundesmittel und EU-Gelder (z.B. KICs, Horizon 2020) müssen gezielt nach Bayern geholt und mit bayerischen Mitteln kombiniert werden. Die Hebelwirkung ist beachtlich und dadurch können zusätzliche bayerische Projekte angeschoben werden. Gerade staatliches Handeln muss sich stärker an diesem Ziel ausrichten. Über die erfolgreichen Aktivitäten der Bayerischen Forschungsallianz hinaus erscheint es dringend geboten, die Akquisition von Großforschungsprojekten (z. B. Knowledge and Innovation Communities (KICs) der Europäischen Union) systematisch zu unterstützen, um im verschärften europäischen Wettbewerb bayerische Erfolgsgeschichten zu begründen. Hierzu bedarf es in der oft mehrjährigen Vorbereitungsphase managementerfahrener Koordinatoren, die diese großen Verbundprojekte im Wissensdreieck „Research – Teaching – Entrepreneurship“ und zwischen Wissenschaft und Wirtschaft auf den Weg bringen.
Insbesondere Gründer und junge Unternehmen müssen bei der Internationalisierung unterstützt werden, zum Beispiel mit Start-up-Unternehmerreisen und Ausbildungsprogrammen.
Zur Förderung der Entwicklung über Branchen- und Technologiegrenzen hinweg ist es erforderlich, die Kooperation zwischen Unternehmen zu stärken und zu vereinfachen. Hilfreich ist hier die Bereitstellung von Services, Informationen und Best-Practice-Beispielen. Gerade bei hoher Technologiereife wird auf Kooperationen oftmals verzichtet, weil die einzelnen Fertigungsschritte nicht im Rahmen gewerblicher Schutzrechte abgesichert werden können. Eine institutionalisierte und längerfristige Zusammenarbeit im Rahmen von Forschungsverbünden kann hier Abhilfe schaffen, auch im Verhältnis zwischen Unternehmen und Hochschulen.
Entscheidend ist, dass Start-ups in die Kooperationsprozesse einbezogen werden. Ein gutes Beispiel ist die Plattform Bits & Pretzels mit rund 2.000 Teilnehmern. Sie trägt einerseits dazu bei, die Sichtbarkeit der bayerischen Gründerszene zu erhöhen, andererseits bietet sie vor allem Start-ups eine Möglichkeit zur Vernetzung mit etablierten Unternehmen. Die Plattform muss daher verstetigt werden. Weitere Netzwerktreffen, auf denen junge Unternehmen ihre Entwicklungen und Ideen vorstellen, Kontakte knüpfen und Kooperationen anbahnen können, müssen folgen.
Kooperationen bieten sich – auch mit Unterstützung des Staates – im Bereich des Handels an. Beispiele sind die Erhöhung der Online-Sichtbarkeit von Kleinstunternehmen durch Beteiligung an Werbegemeinschaften und Heranführung an E-Commerce-Marktplätze oder die Heranführung von Händlerzusammenschlüssen mittelständischer Unternehmen auf lokaler Ebene an den E-Commerce.
Innovationsprozesse bei großen Organisationen stoßen nicht selten auf organisationsimmanente Trägheit und Routinen. Um auf immer schneller getaktete Herausforderungen wirksam reagieren zu können, müssen die Innovationsprozesse schneller und flexibler werden.
Entsprechend muss die Vernetzung der Forschungs- und Innovationsaktivitäten von Groß- und Kleinunternehmen intensiviert werden. Dabei werden Organisationseigenschaften kombiniert: Kleinunternehmen können ihre Vorteile als schnelle und flexible Akteure einbringen, Großunternehmen hingegen ihre Beständigkeit und (finanzielles) Durchhaltevermögen. Dadurch entsteht eine dynamische Entwicklungs- und Erprobungslandschaft für innovative Ideen.
Entscheidend ist die gezielte staatliche Förderung von Verbundprojekten zwischen Groß- und Kleinunternehmen. Erforderlich ist hier nicht nur die Förderung von Neuprojekten, sondern auch die von Innovationen im Rahmen bestehender regionalen Wertschöpfungsketten. Hier kann auf eine bewährte, vertrauensvolle Zusammenarbeit aufgebaut werden.
Für mittelständische Unternehmen ist ein stärkerer Input aus universitärer und außeruniversitärer Forschung von großem Wert. Als Best-Practice-Beispiel ist das Kompetenzzentrum Mittelstand (KME) der Technischen Universität München und des vbm zu werten. Bundesweit würde Bayern eine Vorreiterrolle einnehmen, wenn an geeigneten Universitätsstandorten staatlicherseits Forschungsgebäude errichtet würden, in denen die Kooperationsforschung mittelständischer Unternehmen mit Universitäten und Fachhochschulen sowie außeruniversitären Forschungseinrichtungen erfolgt. Solche Zentren wären ideal für Verbundpromotionen geeignet, wie sie in Bayern derzeit zwischen den beiden Hochschularten entwickelt werden. Ferner ist die Kooperationsfähigkeit, z. B. mit Musterverträgen für die Zusammenarbeit von Universität und Unternehmen, zu erleichtern.
Die Weiterentwicklung der Wissenschaftslandschaft in Deutschland wird über einen Wettbewerb der Standorte um Exzellenz und Innovationskraft erfolgen. Zukünftig werden die Wissenschaftsregionen gewinnen, denen es gelingt, integrierte Standortkonzepte neuer Qualität zu entwickeln und gemeinsam mit Wissenschaft, Wirtschaft und Politik nachhaltig umzusetzen.
Integrierte Standortkonzepte neuer Qualität zeichnen sich durch folgende Merkmale und Ziele aus:
– Sie überzeugen durch ein thematisches Profil mit Alleinstellung auf nationaler und europäischer Ebene.
– Sie verbinden exzellente Forschung und Lehre, Aus- und Weiterbildung, Transfer und wirtschaftliche Aktivitäten zu einem leistungsfähigen Innovationssystem mit regionaler, nationaler und europäischer Wirkung und internationaler Ausstrahlung.
– Sie beziehen die relevanten Akteure aus Wissenschaft (Universitäten, Fachhochschulen, außeruniversitäre Forschungsinstitute), Wirtschaft (KMU, Großunternehmen und Verbände) und Politik ein.
– Sie haben als regionale Anker und Kern eine leistungsfähige Wissenschaftseinrichtung, lassen themenspezifische, aber auch transregionale Abstrahleffekte mit vernetzten Standorten zu.
– Sie fördern die interdisziplinäre, transdisziplinäre und branchenübergreifende Zusammenarbeit.
– Sie stärken die Innovationskraft insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen.
Eine moderner Ansatz für die Kooperation zwischen Unternehmen und Universitäten sind Innovation Labs. Sie beschäftigen sich interdisziplinär mit innovativen Fragestellungen, um diese in der Vorproduktentwicklung oder in Demonstratoren umzusetzen. Die Ergebnisse aus Innovation Labs fließen in die beteiligten Unternehmen, können aber auch als Grundlage für Firmengründungen genutzt werden.
Im Gegensatz zu bestehenden Gründerzentren, die primär Start-ups unterstützen, zielen Innovation Labs auf die Erarbeitung von Ideen für bestehende Unternehmen oder kommende Gründungen ab. Beispiel sind das Innovation Lab der Metropolregion Rhein-Neckar in Heidelberg und der neue MakerSpace von UnternehmerTUM. Es müssen weitere Innovation Labs in Bayern entstehen.