Rah­men­be­din­gun­gen im Hin­blick auf wei­te­re zen­tra­le Tech­no­lo­gi­en ver­bes­sern

Bei Bio­tech (gen- und zell­the­ra­peu­ti­sche An­sät­ze) han­delt es sich um ei­ne Quer­schnitts­tech­no­lo­gie mit vie­len An­wen­dungs­mög­li­chen in an­de­ren In­dus­trie­be­rei­chen. Der Trend zeigt nicht nur im Phar­ma­be­reich deut­lich nach oben. Wir ver­fü­gen am Stand­ort über ein sehr leis­tungs­fä­hi­ges Wis­sen­schafts­sys­tem so­wie über ho­he Kom­pe­ten­zen in der wis­sens­ba­sier­ten In­dus­trie und über gut qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te.

 

Schwä­chen zei­gen sich da­ge­gen bei der Va­li­die­rung und kom­mer­zi­el­len Ver­wer­tung der For­schungs­er­geb­nis­se, ins­be­son­de­re auf­grund von Fi­nan­zie­rungs­fra­gen auf al­len Ebe­nen auf dem Weg zur Markt­rei­fe. Bei Un­ter­neh­men in der Wirk­stof­fent­wick­lung tref­fen sehr lan­ge In­ves­ti­ti­ons­pha­sen und ein ho­hes Ri­si­ko zu­sam­men. Zu den Her­aus­for­de­run­gen zäh­len auch die aus­bau­fä­hi­gen Ko­ope­ra­tio­nen, die ver­fah­rens­tech­ni­sche Ent­wick­lung und Um­set­zung kom­ple­xer Wirk­stoff­for­mu­lie­run­gen und die Ak­zep­tanz der Be­völ­ke­rung.

 

Wir brau­chen ei­ne le­ben­di­ge­re Bio­tech-Sze­ne, die sich stär­ker als bis­her auf die er­lös­star­ke Wirk­stof­fent­wick­lung (statt auf Dienst­leis­tungs- und Zu­lie­fe­rer­ak­ti­vi­tä­ten) kon­zen­trie­ren kann.

 

Ein Bau­stein sind da­bei Bio­ge­ne­ri­ka (Bio­si­mi­lars), de­ren Markt­zu­gang teil­wei­se noch da­durch er­schwert wird, dass über den Pa­tent­schutz des ent­spre­chen­den bio­tech­no­lo­gi­schen Arz­nei­mit­tels hin­aus Ver­trä­ge der Kas­sen mit de­ren An­bie­tern lau­fen. Hin­ter­grund dürf­te der ge­rin­ge­re Kos­ten­druck sein, da der Preis­ver­fall nach Ab­lauf des Pa­tent­schut­zes we­gen der hö­he­ren Pro­duk­ti­ons­kos­ten we­sent­lich nied­ri­ger als bei che­mi­schen Prä­pa­ra­ten ist (ca. 50 Pro­zent vs. 90 Pro­zent). Ei­ne zu­sätz­li­che Re­gu­lie­rung (Ver­bot län­ge­rer Ver­trags­lauf­zei­ten, staat­li­che vor­ge­ge­be­ne ver­bind­li­che Quo­ten für Bio­si­mi­lars) dürf­te der fal­sche An­satz sein, aber an­ge­sichts der be­stehen­den Ein­spar­mög­lich­kei­ten sind vor al­lem die Kas­sen­ärzt­li­chen Ver­ei­ni­gun­gen ge­for­dert, die Ver­brei­tung zu för­dern und die Ärz­te ent­spre­chend zu in­for­mie­ren.

Na­no­tech­no­lo­gi­sche Ver­fah­ren, Pro­duk­te und De­vices ha­ben ein gro­ßes Po­ten­zi­al in ver­schie­de­nen Be­rei­chen der Me­di­zin und Me­di­zin­tech­nik. Schon heu­te er­mög­licht der Ein­satz na­no­tech­no­lo­gi­scher Ver­fah­ren durch Ober­flä­chen­be­schich­tung von Im­plan­ta­ten und in sen­si­blen Be­rei­chen von Kran­ken­häu­sern ei­ne Ver­rin­ge­rung von In­fek­ti­ons­ri­si­ken. Der ge­ziel­te Trans­port von Wirk­stof­fen im Kör­per (Tar­ge­ting), z. B. über ma­gne­ti­sche Trä­ger­sys­te­me, wird in­ten­siv un­ter­sucht und ver­spricht mit­tel­fris­tig Fort­schrit­te in der lo­ka­len The­ra­pie. Der Ein­satz von Na­no­par­ti­keln in der Sen­so­rik er­laubt den Nach­weis selbst ge­rings­ter Kon­zen­tra­tio­nen von Bio­mar­kern. In Kom­bi­na­ti­on mit Ri­si­ko­pro­fi­len von Pa­ti­en­ten bie­tet höchs­t­auf­lö­sen­de Dia­gnos­tik er­heb­li­che Chan­cen bei der Früh­erken­nung von Krank­hei­ten. Wirk­stof­fe der neu­es­ten Ge­ne­ra­ti­on wei­sen oft re­la­ti­ve ho­he Mo­le­ku­lar­ge­wich­te auf, so­dass de­ren Bio­ver­füg­bar­keit ein­ge­schränkt ist. Die phar­ma­zeu­ti­sche Na­no­tech­no­lo­gie er­mög­licht die For­mu­lie­rung die­ser Wirk­stof­fe in Dar­rei­chungs­for­men mit ho­hen Frei­set­zungs­ra­ten und eb­net so den Weg zu de­ren Ein­satz in der The­ra­pie.

 

Mög­li­che Ge­fah­ren von Na­no­tech­no­lo­gi­en und ins­be­son­de­re die to­xi­ko­lo­gi­sche Wir­kung von Na­no­par­ti­keln wur­den und wer­den in zahl­rei­chen Stu­di­en in­ten­siv un­ter­sucht. Mög­li­che Ge­fah­ren von Na­no­par­ti­keln für die Ge­sund­heit sind ernst zu neh­men, sind aber bei sach­ge­rech­tem Um­gang gut be­herrsch­bar. Tat­säch­lich stellt nach heu­ti­gem Kennt­nis­stand das Rau­chen die weit­aus größ­te Ge­fah­ren­quel­le im Hin­blick auf Na­no­par­ti­kel dar. Wich­tig ist ei­ne sach­li­che und strikt evi­denz­ba­sier­te Dis­kus­si­on der Chan­cen und Ri­si­ken von Na­no­tech­no­lo­gie. Nur so kön­nen gleich­zei­tig das er­for­der­li­che Si­cher­heits­ni­veau ge­währ­leis­tet und un­be­grün­de­te Ängs­te vor neu­en An­wen­dun­gen ab­ge­baut wer­den.

Wir müs­sen die Po­ten­zia­le in der Wirk­stoff­pro­duk­ti­on am Stand­ort he­ben, ins­be­son­de­re auch in der bio­phar­ma­zeu­ti­schen Pro­duk­ti­on. Der Fo­kus soll­te auf hö­her­wer­ti­ge Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen ge­legt wer­den. Da­zu ist ei­ne Stär­kung der Hoch- und Spit­zen­tech­no­lo­gie am Stand­ort not­wen­dig. Er­for­der­lich sind ei­ne Ver­zah­nung von Ent­wick­lungs­be­reich und (Groß-)Pro­duk­ti­on für ei­ne Op­ti­mie­rung der Her­stel­lungs­pro­zes­se, ein bes­se­rer Wis­sens­trans­fer, ei­ne hö­he­re Fle­xi­bi­li­tät und ei­ne kon­ti­nu­ier­li­che Qua­li­täts­si­che­rung.

 

Da­bei ist es von zen­tra­ler Be­deu­tung, zu er­ken­nen, dass der Staat hier zwei ganz un­ter­schied­li­che Auf­ga­ben hat: Un­ter Ver­sor­gungs­ge­sichts­punk­ten muss er sich um das küm­mern, was sich für die Pri­vat­wirt­schaft viel­leicht nicht rech­net, für die Be­völ­ke­rung bzw. Tei­le da­von aber wich­tig ist. Das be­trifft be­son­ders häu­fi­ge Krank­hei­ten im ei­ge­nen Staats­ge­biet, de­ren Be­hand­lung trotz­dem we­nig Pro­fit ver­spricht, z. B. Dia­be­tes, eben­so wie sehr sel­te­ne Er­kran­kun­gen. Un­ter stand­ort- und in­dus­trie­po­li­ti­schen Ge­sichts­punk­ten da­ge­gen muss er Ide­en und de­ren prak­ti­sche Um­set­zung för­dern so­wie vor­han­de­ne Stär­ken stär­ken, auch mit Blick auf den spä­te­ren Ex­port – un­ab­hän­gig da­von, um wel­che Krank­heit es bei den kon­kre­ten Lö­sun­gen geht.

 

Mehr als 4.000 Un­ter­neh­men welt­weit ha­ben der­zeit rund 15.000 Pro­duk­te in der Ent­wick­lung. Von die­sen Pro­duk­ten wird nur ein win­zi­ger Bruch­teil den Markt er­rei­chen. Nur knapp 660 der Un­ter­neh­men ma­chen ei­nen Um­satz von mehr als ei­ner Mil­li­on Eu­ro. Da­bei fin­det der­zeit all­ge­mein – nicht nur in Bay­ern und Deutsch­land – ei­ne Fo­kus­sie­rung auf die On­ko­lo­gie statt, auf die rund 70 Pro­zent der in Ent­wick­lung be­find­li­chen Pro­duk­te aus­ge­rich­tet sind.

 

Laut Ko­ali­ti­ons­ver­trag will sich die Bun­des­re­gie­rung vor­ran­gig um Krebs küm­mern und die For­schung zu De­menz, psy­chi­schen Er­kran­kun­gen, Lun­gen­er­kran­kun­gen, Im­mu­n­er­kran­kun­gen, Kin­der- und Ju­gend­er­kran­kun­gen, Prä­ven­ti­on so­wie zur glo­ba­len Ge­sund­heit aus­bau­en. Al­le die­se Zie­le sind rich­tig und wich­tig (vgl. u. a. oben, Ka­pi­tel B 01 zur Prä­ven­ti­on). Gleich­zei­tig gilt aber, dass sich der Staat un­ter Ver­sor­gungs­as­pek­ten ganz be­son­ders um das küm­mern muss, was kei­ner macht, weil es (ge­gen­wär­tig) wirt­schaft­lich nicht dar­stell­bar ist: al­so Lü­cken in der ge­sund­heit­li­chen Ver­sor­gung zu schlie­ßen su­chen. Bis­her wird all­zu oft ei­ne För­de­rung, vor al­lem auch für die Um­set­zung der For­schungs­er­geb­nis­se in markt­fä­hi­ge Pro­duk­te, mit der Be­grün­dung ab­ge­lehnt, dass die In­dus­trie ja auch kein Trei­ber sei, so­dass die Ent­wick­lung vor dem Pro­of of Con­cept ste­cken bleibt.

Die Ak­ti­vi­tä­ten der ver­schie­de­nen re­gio­na­len me­di­zin­tech­ni­schen Zen­tren (Ver­bün­de, Clus­ter, Kom­pe­tenz­zen­tren und In­no­va­ti­ons­kam­pa­gnen) un­ter­schied­li­cher fach­li­cher Fo­kus­sie­rung soll­ten stär­ker ge­bün­delt und z. B. zu ei­nem vir­tu­el­len Na­tio­na­len Zen­trum für in­di­vi­dua­li­sier­te Me­di­zin­tech­nik zu­sam­men­ge­führt wer­den, um gro­ße ver­netz­te For­schungs­vor­ha­ben de­fi­nie­ren und das in Deutsch­land vor­han­de­ne me­di­zin­tech­ni­sche Po­ten­zi­al bes­ser nut­zen zu kön­nen.

 

Die Me­di­cal De­vice Re­gu­la­ti­on (Me­di­zin­pro­duk­te­ver­ord­nung) tritt ab 2020 nach ei­ner Über­gangs­zeit von drei Jah­ren EU-weit in Kraft und be­trifft na­he­zu al­le Me­di­zin­pro­duk­te. Re­gu­liert wer­den u. a. die Klas­si­fi­zie­rung von Pro­duk­ten, die tech­ni­sche Do­ku­men­ta­ti­on, Eti­ket­tie­run­gen, kli­ni­sche Be­wer­tun­gen, die Markt­über­wa­chung so­wie das Qua­li­täts­ma­nage­ment­sys­tem. Die­se Maß­nah­men sind mit ei­nem er­heb­li­chen Mehr­auf­wand für die Me­di­zin­tech­nik-Fir­men ver­bun­den, der sich vor­aus­sicht­lich so­wohl auf die Kos­ten als auch die Zu­las­sungs­dau­er ne­ga­tiv aus­wir­ken wird. Zu­dem wird ein Eng­pass bei den be­nann­ten Stel­len be­fürch­tet, bei ei­ner gleich­zei­tig hö­he­ren An­zahl an Pro­duk­ten, die von ih­nen kon­trol­liert wer­den sol­len. Um zu ver­hin­dern, dass ge­ra­de klei­ne­re Her­stel­ler da­durch in wirt­schaft­li­che Schwie­rig­kei­ten ge­ra­ten und In­no­va­tio­nen nur ver­zö­gert zum Pa­ti­en­ten ge­lan­gen, muss ei­ne Lö­sung auf eu­ro­päi­scher Ebe­ne ge­fun­den wer­den.